Welche Zeit haben wir da nicht? Und wie lange dauert dieses „grad nicht?“. Ich wurde kürzlich gefragt: „Wieso ist mir nie aufgefallen, wie schlecht sich dieser Satz auf mich selbst auswirkt?“ Tja, warum… Ich hab grad keine Zeit fürs Leben – wofür dann? Zeit, um das eigene Leben so zu leben, wie Sie es wirklich wollen und brauchen. Schon bei meiner etwas provokativen Frage: „-wofür dann?“ kommen viele ins Grübeln: „Stimmt, wofür sonst eigentlich?“
Die Menschen ändern sich, so wie die Welt sich zunehmend ändert. Schneller und tiefgreifender als vielleicht je zuvor. Und doch habe ich den Eindruck, dass viele wieder mehr als Menschen leben wollen. Nicht als Maschinen auf zwei Beinen.
Ihre Lebenszeit ist das, worüber Sie selbst bestimmen können. Bestimmen dürfen. Und auch bestimmen müssen. Wer sonst?
Ihre Lebenszeit ist Ihre Zeit für Ihr Leben!
Wer sonst könnte eine Zeitgestaltung entwerfen, die für Sie wirklich so ist, dass Sie arbeiten und auch leben können?
In der Sie Lösungen finden und sich auch wieder auch entlasten können, die eigenen Batterien aufladen? In der Sie miterleben können, wie sich Ihre Ressourcen wieder auffüllen. Sie spüren den Kraftzuwachs, sobald Sie gelernt haben, darauf zu achten, was Ihnen von Ihrem Körper rückgemeldet wird!
Wer hätte so viele Rechte und so viel Interesse an Ihnen als Mensch, wie Sie selbst es haben. Haben können! Und haben dürfen! Und haben sollten! In Ihrem Sinn. Denn was auch immer Ihnen gesagt, erzählt, ‚aufgedrückt‘ wird. Es ist Ihr Leben. Und es bleibt Ihr Leben.
Was meinen Sie, wie schnell sich diese anderen „Ratgeber“ in Luft auflösen, wenn deren Einflüsse und Forderungen, Ratschläge und Tipps sich nicht als für Sie passend erweisen? Während Sie noch daran knabbern und die Folgen allein ausbaden müssen!
Und dann war es natürlich „nur“ Ihr Handeln, nach dem Motto: „Selbst schuld, wenn Sie auf mich hören.“ Das klingt nicht nur zynisch, sondern ist es in meinen Augen auch.
Das geht auch besser!
Wer keine Verantwortung für sein Tun übernehmen will, lasse die Finger von anderen Menschen! Und deren Zeit! Und deren Leben!
Das Dumme dabei ist: Es war tatsächlich Ihr Handeln. Es waren tatsächlich Sie, der das übernommen hat. Es war Ihre Zustimmung: „Dann mach ich das eben so… Nebenbei bemerkt: Das „Dann“ ist der kleine Zwerg, der dem Riesen „Wenn“ blindlings hinterhertrappelt. Es ist immer nur eine Hälfte des Ganzen!
Das Gute daran ist: Daraus können Sie gut, schnell und tiefgreifend lernen und korrigieren. Sich andere, eigene Optionen ausdenken. Fehler sind Chancen. Ohne sie würden Sie gar nichts korrigieren können.
Immer wenn Sie denken, glauben oder meinen zu wissen: „Ich hab jetzt halt grad keine Zeit für mich, für meine Belange, für mein Leben. Das muss jetzt eben warten!“, fragen Sie sich doch einmal: „Wen lasse ich da eigentlich jetzt grad warten?“
Ungewohnt? Aber effektiv!
Schieben Sie womöglich gerade Ihren Körper auf die Warteliste, obwohl er Sie darauf hinweist, dass etwas nicht ganz regelmäßig läuft? Dass Ihr Herz und alle anderen Organe unter dem hohen Stresspegel leiden, den Sie da gerade weiterhin akzeptiert haben?
Keine Zeit für das Feedback von innen? Dafür dann für die Folgen der Unterlassung?
Diese Folgen haben meist vieles gemeinsam, was Sie dann nicht mehr so einfach „allein ausbaden“ können. Weil Sie auch dafür die Mitarbeit Ihres Körper brauchen. Und dass er Ihnen noch mal jene Zeit gibt, die Sie ihm nicht gönnen wollten. Ihre Zeit fürs Leben, damit Sie mit seiner Hilfe die Schäden wieder beheben oder wenigstens verbessern können.
Gönnen Sie sich doch einmal für sich jene kurze Besinnungszeit, die wir ja oft gerade für folgenreiche und lebens-wichtige Entscheidungen brauchen. Zeit für Ihre Sinne. Um alle Optionen genau zu betrachten. Von allen Seiten sozusagen.
Was können Sie anders machen?
Oft denken wir hier viel zu schnell: „Also das geht jetzt wirklich nicht.“ „Nee, das darf ich nicht.“ „Also das kann ich echt nicht bringen!“
Wem gegenüber können Sie das „nicht bringen“? Dem Unternehmen? Einem Chef, der Ihr Gesundheitsrisiko mit einplant? Oder Ihrem Körper gegenüber?
Vielleicht gehen Sie einmal andersherum an die Frage heran?
Und überlegen in Ihrem Sinn ganz gelassen: „Was kann ich jetzt aufschieben? Was muss ich wirklich tun? Warum muss ich? Was ist mir wichtiger?“
„Auf was soll ich jetzt hören? Auf meine Warnungen von innen? Oder auf die Forderung, die Arbeit „jetzt unbedingt noch Freitagabend fertig machen zu müssen“, obwohl sie dann doch erst Montag gegengelesen oder kontrolliert wird?“
Natürlich sind solche Gegenüberstellungen situativ immer ganz verschieden. Sie selbst sind ja auch nie gleich. Und doch öffnen sie Ihnen viele neue Gedanken und Emotionen, denen Sie vorher vielleicht nur keinen Raum gaben. Oder … keine Zeit?
Warum nicht kooperativ?
Sehr oft teilen mir Klienten anfangs ihre Überlegungen im „Wenn-dann“-Modus oder der „Entweder-oder“-Zwangslage mit. Wobei sie durch meine Fragen bald merken, dass sie selbst dabei auffällig häufig den Kürzeren ziehen. Wohlgemerkt – bereits in den eigenen Gedanken.
Was ist es dieses „Kürzere“ für Sie? Was verlieren Sie dabei?
„Wenn ich das meinem Chef sage, dass ich das heute nicht mehr machen kann, dann habe ich richtig Zoff im Büro!“. Das mag eine bisherige Erfahrung sein. Muss sie so bleiben?
Sie können den Kurs bereits bei Ihrer Erstreaktion deutlich ändern. Wenn Sie Ihrem Chef kategorisch sagen, dass etwas eben nicht geht, wird er vermutlich genauso reagieren, wie Ihr Körper auch: „Dann sehen Sie zu, wie Sie mit den Folgen fertigwerden!“
Nur – wessen Folgen sind da wohl letztendlich drastischer – für Sie?
Zeit für mehr Miteinander
Ich trainiere mit meinen Klienten gern andere, bewusst ganz neue Optionen. Mit Resultaten, die sie selbst oft am meisten verblüffen.
„Oh… ah ja, ich verstehe Sie, Chef, hm, nur derzeit ist alles voll, bis ich gehe. Aber wenn Sie diese Arbeit für so dringend halten, möchte ich Ihnen natürlich helfen. Zugesagt ist alles bereits. Was wollen Sie als Verantwortlicher davon zurückstellen? Ich unterrichte die Betreffenden dann schon davon.“
Der Chef sieht jetzt die Kehrseite seiner Anfrage, die er vielleicht nicht kennt, da er über Ihre Arbeit nicht viel weiß. Und er sieht die eigene Verantwortlichkeit für seine eingreifende Handlung.
Keinswegs alle Chefs sind absichtlich stur. Solche Feindbilder nützen keinem und sie erhöhen weder Ihre Lebensfreude noch die Ihrer Gegenüber.
Aus langer Erfahrung weiß ich, dass immer ganz andere Entwicklungen möglich sind, wenn Menschen voreinander stehen. Nicht Positionen, noch dazu oft festgefahrene.
Miteinander heißt auch vom Positiven ausgehen.
Ich hab grad keine Zeit – ein Hilferuf?
Was viele erstaunt: Hinter diesen Worten, die wir ja alle irgendwo auch schon mal gesagt haben, kann auch viel von einem Hilferuf stecken.
Das ist oft auch einfach eine Art von Bitte um Verständnis: „Bitte pack mir nicht noch mehr auf, ich fühl mich ja so schon mit dem Rücken an der Wand. Ich hab einfach keine Zeit mehr dafür.“
Wofür auch immer. Der Betreffende signalisiert, dass sein Nervensystem, seine Organe, sein Gehirn doch schon auf Volllast fahren.
Es kommt viel auf die Art an, wie dies Ihnen mitgeteilt wird. Und trotzdem entscheiden Sie immer nur selbst, wie Sie jetzt damit umgehen wollen. Auch das ist Ihre Zeit für Ihr Leben!
Ihre Wahrnehmung gibt Ihnen die Zeit!
Nehmen Sie sich auch die Zeit für Ihre Wahrnehmung?
„Ach, für so was hab ich keine Zeit!“ Der Ausspruch kann ganz unterschiedliche Reaktionen in Ihnen auslösen.
Abfällig geäußert, fehlende Augenhöhe, wenig Wertschätzung?
Oder mit einem fast sehnsüchtigen Unterton: „Mensch, das würde ich auch zuuu gern mal wieder machen.“
Schon diese beiden Äußerungen werden reflektorisch ziemlich unterschiedliche Reaktionen in Ihnen auslösen.
Bei der ersten vielleicht spontane Abwehr mit ebenfalls fehlender Augenhöhe Ihrerseits. Bei der zweiten vielleicht Verständnis verbunden mit einer Öffnung: „Magst Du nicht mitkommen?“
Jetzt wird’s spannend
Was wählen Sie? Abwehrreflex oder Zeit für Verständnis und Menschlichkeit? Letzteres dauert bekanntlich etwas länger…
Vielfach hängt das davon ab, wie schnell Sie Ihre innere Reaktion wahrnehmen können, bevor sie Ihnen nach außen entwischt.
Ihre Wahrnehmung gibt Ihnen damit jene Zeit, die Sie brauchen, um von der Palme möglichst unbemerkt wieder herunterzukrabbeln und ruhiger auf Ihre Weise und in Ihrem Stil zu antworten. Schließlich bleiben Sie dafür verantwortlich, wie Sie reagieren.
Lohnt das nicht ein bisschen mehr von der Zeit Ihres Lebens, wenn Sie sich dadurch so viel Ärger ersparen können? Und so viele bessere Verhaltensoptionen durch Sie möglich werden?
Bleibt die wichtige Frage:
Welche Zeit ist wichtiger als die für Ihr Leben?
Stellen Sie sich doch der Frage bitte einmal ganz bewusst: Ich hab grad keine Zeit fürs Leben – wofür dann? Ja wofür, wenn nicht für Ihr Leben?
Wahrscheinlich kennen Sie auch diesen Spruch: Die ersten 50 Jahre setzen wir unsere Gesundheit dafür ein, um viel Geld zu verdienen. In den zweiten 50 Jahren setzen wir viel Geld dafür ein, um unsere Gesundheit wenigstens auf dem Stand zu erhalten, wenn nicht gar wieder zu verbessern.
Unterm Strich gewinnen wir dabei relativ wenig, wenn wir beides gegeneinander aufrechnen.
Warum nicht Geld verdienen und gesund bleiben? Gesundheit muss nicht immer mit Pillen und Spritzen zu tun haben.
Aber Gesundheit hat fast immer mit Unabhängigkeit und Freiheit zu tun.
Und da können wir viel mittun. Mitentscheiden, was wir unserer Gesundheit zumuten können, ohne unsere Unabhängigkeit aufzugeben.
Nicht verursachte Erkrankungen sind hier ausdrücklich ausgenommen. Und es sind die Menschen gemeint, die sich selbst eine Wahl geben können.
Lebendige Zeit ist fühlbar!
Kennen Sie das, wenn Sie sich so richtig rundum gut fühlen, alles wirklich wie geschmiert läuft? Und Sie ganz spontan fröhlich auflachen können, weil Ihnen etwas Komisches begegnet?
Wenn Sie andere Menschen fröhlich anlächeln können, ohne zu überlegen und ein erstauntes bis erwiderndes Lächeln zurückbekommen?
Das kann für jeden von uns überall möglich sein. Und auch jedem von uns mal helfen. Immer wieder. In den unwahrscheinlichsten Momenten. Wenn wir uns als Menschen die Zeit nehmen, auf diese lebendigen Momente genau zu achten. Und sie in vollen Zügen zu genießen.
Dann können wir auch so lebendig bleiben, wenn’s mal nicht so läuft. Wir wissen, dass wir das selbst steuern können, weil wir uns Zeit dafür nehmen können. Und andere auch noch mitziehen können.
Ich habe schon so viele Menschen zum Lächeln gebracht, einfach durch ein freundliches Lächeln im Gesicht. Und es war immer ein schönes Gefühl einer menschlichen Gemeinsamkeit – wie kurz der Moment auch immer war.
Wenns mal nicht ganz so läuft? Es gibt immer wieder neue Wege…